Erziehen leicht gemacht – ohne Perfektionismus

Du wachst morgens auf mit dem festen Vorsatz, heute geduldig zu bleiben.
Du willst dein Kind liebevoll begleiten, achtsam zuhören, ruhig bleiben, selbst wenn’s kracht.
Und dann – nur zwei Stunden später – stehst du im Flur, völlig genervt, das Geschrei deines Kindes im Ohr, die Brotdose vergessen, der Kaffee kalt, und du hörst dich sagen:
„Jetzt reicht’s aber wirklich!“

Und zack – ist sie da: die innere Stimme, die dich verurteilt.
Warum kriege ich das nicht besser hin? Andere schaffen das doch auch. Ich bin keine gute Mutter. Kein guter Vater.

Stopp.
Du bist nicht gescheitert.
Du bist einfach Mensch. Und das ist genau das, was dein Kind braucht.

Inhaltsangabe

Der Druck, alles richtig machen zu müssen

Viele Eltern, mit denen ich arbeite, sind innerlich zermürbt vom Gefühl, ständig „nicht zu genügen“.
Sie lesen Bücher, hören Podcasts, folgen Expert:innen auf Instagram – und vergleichen sich immer wieder mit anderen Familien.
Sie wollen liebevoll begleiten, Grenzen setzen, stark sein, aber auch weich – und zerreißen sich innerlich in alle Richtungen.

Ein Vater erzählte mir kürzlich:

„Ich habe mir vorgenommen, nie laut zu werden. Denn ich kenne dieses Verhalten von meinem eigenen Vater. Es hat mit Angst gemacht und genau das will ich nicht für mein Kind. ABER: wenn mein Sohn wieder das Essen vom Tisch wirft, raste ich aus. Danach fühle ich mich wie der letzte Mensch.“

Durch die eigenen Erlebnisse, hat sich dieser Vater ein unerreichbares Ziel gesetzt. Solche hohen Ansprüche machen uns klein.
Und sie lassen uns vergessen, worum es eigentlich geht: Beziehung. Verbindung. Echtheit.

Der Weg zur Leichtigkeit beginnt bei dir

„Erziehung wird dann leichter, wenn du aufhörst, dein Kind kontrollieren in eine bestimmte Richtung (meist deine eigene) drängen zu wollen – und stattdessen beginnst, dich selbst zu führen.“

Was meine ich damit?

Wenn dein Kind schreit, provoziert, sich verweigert – ist das oft nur die Spitze des Eisbergs.
Darunter liegen Bedürfnisse, Emotionen, Entwicklungsprozesse. Und ja – manchmal auch Chaos.

Aber das Verhalten deines Kindes ist nicht dein Prüfstein.
Dein Prüfstein ist: Wie gehst du mit dir selbst in diesen Momenten um?

Familie ist keine Bühne für Perfektion – sondern ein Ort für echte Entwicklung

Perfektion gaukelt Kontrolle vor und liefert innere Sicherheit. Doch Kinder sind keine Projekte.
Sie sind Menschen in Entwicklung. Sie dürfen Fehler machen. Und wir auch.

Eine Mutter, mit der ich arbeite, hat das sehr schön formuliert:

„Ich dachte früher, ich müsste immer stark sein. Inzwischen sage ich meinem Sohn: Ich bin gerade erschöpft. Ich brauch kurz eine Pause. Und weißt du was? Er versteht das. Und er hat sogar gesagt: ‘Ich war heute auch ganz voll im Kopf, Mama.’ Das war unser bester Moment an diesem Tag.“

Das ist Beziehung.
Nicht glatt. Aber echt.

3 echte Alltagsszenen – und wie du erziehen leichter machst

🧩 Situation 1: Dein Kind will sich morgens nicht anziehen

Du hast einen wichtigen Termin und musst pünktlich los. Dein Kind aber liegt in Unterhose auf dem Teppich und ruft:
„Ich zieh mich NIE an! NIE!“

Du spürst deine Anspannung hochkriechen und es beginnt in dir zu brodeln

Das kannst du tun:

Nimm deine Gefühle wahr, setze ganz bewusst ein STOPP und atme tief durch:

„Du willst nicht. Ich verstehe. Und ich brauche, dass wir gleich loskommen. Ich helf dir beim Anziehen – machen wir’s schnell zusammen.“

Damit äußerst du sehr klar und deutlich dein Bedürfnis. Gleichzeitig zeigst du Verständnis für den Wunsch deines Kindes. Indem du deine Unterstützung anbietest, kommt ihr ins gemeinsame Tun und findet den Ausgang aus dieser Situation.

Hier geht es also darum in Kontakt zu bleiben – nicht, dein Kind zu „beherrschen“ oder zu kontrollieren.

🧩 Situation 2: Du wirst laut – und bereust es

Abends. Alle müde. Du verlierst die Nerven, wirst laut. Danach sitzt du allein in der Küche, das schlechte Gewissen im Nacken.

Das kannst du tun:

Sprich mit deinem Kind darüber.

„Ich bin grad laut geworden. Das war nicht gut. Ich möchte das gern anders machen. Es tut mir leid.“

Dein Kind lernt: Aha, Fehler machen ist okay. Passiert jedem. Wichtig ist nur, dass man dafür auch Verantwortung übernimmt.

🧩 Situation 3: Du fühlst dich überfordert

Du spürst, wie deine Energie schwindet. Die Gedanken rasen, alles wird zu viel.

Das kannst du tun:

Setz dich für fünf Minuten aufs Sofa (oder einen anderen gemütlichen Platz). Gib deinem Kind die Möglichkeit dich zu verstehen:
„Ich brauche jetzt eine kurz Pause. Danach bin ich wieder für dich da.“

Du setzt Prioritäten. Du sorgst für dich. Und genau damit sorgst du auch für dein Kind.

Mache Fehler – und sei trotzdem der sichere Hafen

Ich nenne das Fehlerfreundlichkeit.
Nicht, weil alles egal ist. Sondern weil Kinder an uns lernen, wie Leben geht:
Wie man mit Stress umgeht. Wie man Verantwortung übernimmt. Wie man sich selbst wichtig nimmt.

Was dein Kind braucht, ist nicht deine Perfektion – sondern deine Präsenz. Deine Bereitschaft, dich zu zeigen. Ehrlich, authentisch. Auch mit Ecken und Kanten.

Perfektionismus loslassen – warum das so schwer ist

Vielleicht merkst du: Ich weiß das alles – aber ich komme trotzdem nicht raus aus dem Druck.
Dann hilft es, noch tiefer zu schauen. Woher kommt dieser Drang, alles „richtig“ machen zu müssen? Warum reicht es nicht, einfach da zu sein? Was treibt dich an?

Ein sehr fundierter Artikel, der genau das beleuchtet, ist dieser:
👉 Perfektionismus verstehen und ablegen

Er erklärt, wie perfektionistische Muster entstehen – und wie du sie liebevoll verändern kannst.
Wenn du spürst, dass dein innerer Kritiker oft das Kommando übernimmt, ist dieser Beitrag eine wertvolle Lektüre.

Fazit: Erziehen darf leicht sein – aber nicht oberflächlich

Leichtigkeit bedeutet nicht, dass alles ohne Konflikt läuft.
Es bedeutet, dass du aufhörst, dich selbst unter Druck zu setzen. Dass du beginnst, dich selbst ernst zu nehmen. Und dass du mit deinem Kind in Beziehung bleibst – auch wenn’s mal kracht.

Du bist nicht perfekt. Du bist da. Und das ist mehr als genug.

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2 Antworten

  1. Hallo Gabriele,
    Dein Artikel spricht direkt aus meiner Seele. Ich musste innerlich lachen als ich mich genau in Deinen Worten wiedergefunden habe. Den Perfektionismus loszulassen ist wirklich eine der schwersten Aufgaben für Alex und mich. Wir hatten gerade gestern wieder mehrere Situationen in denen Mika andere Vorstellungen hatte als wir. Es ist uns aber gelungen miteinander darüber zu reden und uns gegenseitig mit der Küsschen Methode aus der Situation zu retten.
    Ein wirklich toller Artikel mit interessanter Verlinkung zum Perfektionismus.
    In diesem Sinne übernehme ich keine Haftung für eventuelle Rechtschreibfehler und prüfe meinen Text nicht auf Fehler 😀
    Bis morgen

    Gitana und Alexander Werner

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